Freitag, 9. November 2012

2 Monate Thailand – vom Alltag, burmesischen Kochkünsten und Fahrradtouren durch alte Ruinen…



Immer positiv denken
Nach vielen Wochen Blog-Abstinenz ist es wohl langsam an der Zeit, sich nochmal mit ein paar Neuigkeiten zu melden. In manchen Momenten kann ich es nicht glauben, dass ich nun über zwei Monate hier in Mae Sot lebe. Zwei Monate, das bedeutet, an einem komischen Punkt zu stehen, an dem die Grenze zwischen Alltag und dem tollen Gefühl, dass alles so neu und anders ist, verschwimmt. Es bedeutet, dass man sich selber erlaubt, bestimmte kulturelle Aspekte schlichtweg nervig zu finden und nicht mehr den Anspruch hat, sich auf alles einzulassen. Es bedeutet Ungeduld und die Frage: „Was zum Kuckuck mache ich hier eigentlich?“. Es heißt das erste Heimweh nach Gewohnheiten von zu Hause zu haben (einen herbstlichen Apfelkuchen backen, Kastanien sammeln, Regenspaziergänge am Meer… warum beschwert ihr euch alle über den Herbst?). Aber auf der anderen Seite bedeutet es auch einen gewissen Stolz auf den „Status Alltag“ zu haben, denn das heißt auch, in der anderen Kultur angekommen zu sein, sich eventuell sogar ein Stück „integriert“ zu haben – ein großes Wort! Die letzten Wochen waren von so einigen Höhen, und Tiefen gekennzeichnet, da sich die Aufgabenfindung und die Kommunikation auf der Arbeit als komplizierter als gedacht herausgestellt haben. Wer hat aber auch behauptet, dass es einfach werden würde als Freiwillige in Thailand zu arbeiten? Ich möchte mich also gar nicht lange beschweren. Bei allen Höhen und Tiefen versuche ich einfach immer wieder das Positive in den Vordergrund zu rücken. Zum Beispiel all die Erlebnisse, die meine Freizeit hier prägen oder meinen interessanten Wohnort…

Bunte Vielfalt in Mae Sot 

Auf dem Markt
Hier in Mae Sot treffen Burma und Thailand zusammen: Die Grenznähe macht Mae Sot zu einem Einwanderungsort für Migranten aus Burma. Längst nicht alle von ihnen sind offiziell erfasst. Viele der Einwanderer leben illegal in Thailand und nutzen die Chance hier eine Arbeit zu finden oder geschützt von der politischen Situation ihres Heimatlandes zu leben. Dafür setzten sie sich aber auch der Gefahr aus, als Illegale entdeckt zu werden. Zu den Einwanderern, von denen viele einer der ethnischen Minderheiten des Vielvölkerstaats Burma angehören, kommen natürlich Thais sowie Chinesen und eine nicht unbeträchtliche Anzahl „Westler“, von denen die meisten bei den im Ort ansässigen NGOs arbeiten. Diese Mischung unterschiedlicher Kulturen prägt das Stadtbild und macht Mae Sot zu einem bunten Entdeckungsort. Die Stadt bietet auch eingeschworenen „Westlern“ ein recht annehmliches Dasein. Es gibt Coffee Shops, einen großen Tesco-Supermarkt und Dunkin Donut. Westliche Einflüsse – auch das ist Thailand. Auch wenn ein Donut von Zeit zu Zeit ein netter Genuss ist, so ist es doch vor allem spannend, das Fremde zu entdecken. Nach über zwei Monaten nimmt man die vielen Eigenarten und Besonderheiten der Stadt gar nicht mehr so richtig wahr. Überall reihen sich kleine Garküchen aneinander, durch die Straßen drängen sich Motorroller, mit Gemüse und Menschen vollgeladene Pick-Up-Trucks und Fahrräder und überall dazwischen streunen Hunde (die mich regelmäßig in den Wahnsinn treiben). Auf dem burmesischen Markt gibt es neben Schlangen, Schildkröten und Ratten natürlich die asientypischen frittierten Insekten zu erstehen. Die Marktfrauen verkaufen an ihren Ständen Berge an frischem Gemüse, Fleisch, Haushaltsgegenstände, Kosmetik, Stoffe.  Die meisten der Frauen sind aus Burma  - sie tragen lange Röcke aus bunten Stoffen und haben Thanaka auf den Wangen, eine gelbliche Paste, die vor der Sonne schützen und das Gesicht kühlen soll. Nach zwei Monaten bewegt man sich recht sicher durch das alltägliche Chaos und hat sich an die Dinge, die einen umgeben, längst gewöhnt. Es gibt viele kleine Besonderheiten, dich mich immer wieder sehr glücklich stimmen. Es sind die Begegnungen mit Menschen aus anderen Ländern, anderen Kulturen. Es sind die beiden Koreaner, die doch tatsächlich aus Gangnam kommen oder der Burmese, der eine Bar eröffnet hat.  Man begegnet sich an unterschiedlichen Orten, abends auf ein Bier oder am Samstagmorgen auf einen Kaffee – und erzählt!  Es ist Alltag, der sich aber doch jeden Tag neu definiert. 

So schmeckt Burma

Da müssen alle Hände ran - Mandalay Nudelsalat...
Mandalay Nudelsalat & Kartoffelknödel :-)
Stolz auf das Menü!
In Mae Sot kann man Burma kennenlernen, ohne über die Grenze zu gehen. Also stürzen wir uns einen Samstag lang in die burmesische Esskultur und machen einen Kochkurs. Wir werden von zwei wunderbaren Menschen, Mo Mo and Bo Bo, angeleitet, die uns in die Geheimnisse der burmesischen Küche einweisen. Nachdem wir uns aus dem kleinen Kochbuch ein Menü zusammengestellt haben, geht es zuerst einmal mit drei Körben auf den Markt zum Einkaufen. Wir haben uns für ein Kürbiscurry, gefüllte Kartoffelknödel, Mandalay Nudelsalat und einen Limetten-Basilikum-Drink entschieden. So richtig viel können wir uns darunter noch nicht vorstellen, deswegen steigt die Spannung je voller unsere Körbe werden. Die Mittagshitze auf dem Markt macht uns zu schaffen, deswegen haben wir uns eine Pause in einem der burmesischen Tea Shops wohl verdient. In Burma gibt es eine ausgeprägte Teekultur – wohl ein Überbleibsel aus englischen Kolonialzeiten. Man trinkt starken schwarzen Tee mit süßer Milch und Honig. Nach unserer kleinen Pause geht es zurück und das große Kochen beginnt. Für die nächsten zwei Stunden wird geschnibbelt und geschnitten, gedünstet und gebraten. Währenddessen lernen wir auch viele interessante Fakten über die Esskultur in Burma kennen, die sehr vielseitig ist. Im Norden Burmas ist das Essen eher durch die chinesische Küche geprägt, im  Westen findet man dagegen zum Beispiel viele indische Einflüsse. Das Volk der Karen ist vor allem für die Zubereitung von Currys bekannt. Kürbisse gibt es in Karen State (im Osten des Landes gelegen, an Thailand grenzend) im Überfluss und die Zubereitung von Curry ist sehr beliebt. Als Füllung für unsere Kartoffelknödel bereiten wir eine Masse aus Zwiebeln, Eiern, Kohl und Sojasauce zu und stopfen unsere selbstgeformten Knödel hiermit, ehe sie in heißem Öl frittiert werden. Nudeln kamen bereits im 18. Jahrhundert durch die Chinesen nach Burma. Vor allem in Regionen mit einer größeren chinesischen Population sind Nudeln sehr beliebt, allen voraus in Mandalay (der zweitgrößten Stadt Burmas, zentral in der Mitte des Landes gelegen), wo Nudeln noch traditionell aus Weizen oder Eiern hergestellt werden. Für unseren Nudelsalat verwenden wir Eiernudeln, die auf einer großen Platte mit den Händen mit vielen anderen Zutaten gemischt werden. Frittierte Tofu-Stücke, frische Sprossen, Zwiebeln, Kohl und Flaschenkürbisse werden zusammen mit Kichererbsenmehl, Koriander und Safran zu einem Salat verknetet. Basilikum gilt in Burma als sehr wertvoll für die Gesundheit und findet deswegen viel Verwendung in Gerichten. Vor allem in den städtischen Räumen in Burma erfreuen sich frisch zubereitete Kräuterdrinks großer Beliebtheit. Diesen Genuss testen wir an diesem Tag und bereiten aus Limettensaft und geschreddertem Basilikum sowie Wasser, Eis und ein wenig Zuckersirup einen erfrischenden Drink. Kochen macht Spaß, aber der viel bessere Part kommt erst danach: das Essen! Wer glaubt, die thailändische Küche sei fantastisch, der hat noch nie burmesisch gegessen. Zu Hause darf man sich bereits darauf freuen, denn dank unseres kleines Kochbüchleins werde ich auch im fernen Deutschland ein wenig burmesische Esskultur einführen können… ;-)

Sukhothai  -  Stadt der „Morgenröte der Glückseligkeit“  

Kokosnusspudding - das beste Frühstück!
Auch wenn ich meine Wochenenden in Mae Sot sehr liebe, war ich vor einigen Wochen froh, gemeinsam mit zwei amerikanischen Freundinnen das historische Sukhothai, circa 3 Stunden nord-östlich von Mae Sot gelegen, zu besuchen. Sukhothai – übersetzt Morgenröte der Glückseligkeit – ist die alte Hauptstadt des Königreiches Sukhothai und gilt als Wiege Thailands. Die Thai eroberten im Jahre 1238 eine Khmer-Siedlung, aus der das spätere Zentrum des Königreiches Sukhothai entstand, welches weite Teile des heutigen Thailand umfasste und bis ins 15. Jahrhundert hinein bestand. König Ramkhamhaeng entwickelte aus der Mon-Schrift das heutige Thai-Alphabet. Nach einer rasanten Busfahrt kommen wir spät am Abend in Sukhothai an und werden von einem freundlichen Thai auf dessen „Karren“ mit gefühltem 1PS-Motor zu unserem Gästehaus gebracht. Dort werden wir von einem älteren Herrn in einem gelben Morgenmantel und starkem italienischem Akzent empfangen. Paulo versorgt uns mit einem Zimmer und nach einem kleinen Abendbrot fallen wir auch schon in die Betten. Schließlich entdecken wir am nächsten Morgen erst die Schönheit unserer Unterkunft: Zu unserem Zimmer führt eine kleine Brücke, unter der sich Seerosen und kleine Frösche tummeln und der Weg zum Frühstück führt durch einen tropischen Garten mit bunten Vögeln und kleinen Oasen mit Hängematten und traditionell geschnitzten Sitzgelegenheiten aus Holz. Schon von weitem hören wir Paulo „Bon Giorno“ rufen und bekommen heute ein ganz besonderes Frühstück serviert: Es gibt frisch gebrühten grünen Tee, selbstgemachte Ananas-Marmelade sowie Kokosnusspudding vom lokalen Markt, der gemeinsam mit Honig und Bananen gegessen wird. Nach diesem Genuss machen wir uns auf den Weg und erkunden mit unseren Fahrrädern die Ruinen von Sukhothai. Zwischen kleinen Seen und grünen Wiesen finden sich riesige Buddha-Statuen und die Ruinen alter Tempelanlagen. Unseren Nachmittag verbringen wir anschließend an Paulo’s Pool :-). 
Mit dem Fahrrad durch die Felder

Doch am Abend brechen wir noch einmal auf und radeln in der wunderschönen Abendstimmung durch weite Reis- und Zuckerrohrfelder, zwischen denen immer wieder Reste alter Tempel auftauchen. Die Stimmung hat etwas Besinnliches und es tut gut, frische Landluft einzuatmen…ich fühle mich offiziell wie im Urlaub! Mit Untergang der Sonne entdecken wir die alten Ruinen auf’s Neue. Nun sind wir alleine mit den Buddhas, denn alle Touristen haben sich bereits zurückgezogen. Die Anlage erscheint nun für einige Stunden im Licht großer Scheinwerfer. Fast bekomme ich ein wenig Angst, denn es scheint tatsächlich so, als würde Buddha jeden Moment aus seiner tiefen Meditation erwachen… Nach unserem Abendessen (scharfe Kokosnusssuppe!) verkriechen wir uns auch schon in unsere Betten, denn am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen, um nicht den Sonnenaufgang zu verpassen. Gegen viertel nach fünf brechen wir mit unseren Fahrrädern auf und nehmen diesmal eine weite Route, die uns zu einem Aussichtspunkt bringen soll. Wieder fahren wir durch weite Reisfelder und es wird klar, womit Sukhothai seinen Namen verdient hat. Die Morgenröte gibt den alten Ruinen etwas Magisches und spätestens nach einer Stunde Radeln mit plattem Reifen und dem Besteigen von 200 Stufen, spüre ich Glückseligkeit. Aber es lohnt sich – denn der Blick über das Plateau, welches vom Berg sichtbar ist, ist wahnsinnig schön. Besinnt kehren wir also am Sonntagnachmittag zurück nach Mae Sot, welches nun unglaublich hektisch und laut wirkt. Aber schließlich kann man nun von Reisfeldern, Buddhas und Kokosnusspudding träumen… 

Ich hoffe, ich konnte euch allen ein wenig Einblick in mein Leben hier in Thailand geben. Ich wünsche euch allen einen wunderbaren Herbst und schicke euch viele Sonnenstrahlen aus dem immer noch heißen Mae Sot. Oppan Gangnam Style! ;-) (Daran kommt man hier seit Wochen nicht vorbei…). 


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